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von Karin Hahn

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Claire Messud: Des Kaisers Kleider, Roman, Aus dem Amerikanischen von Sabine Hübner, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2007, 544 Seiten, € 24,95

„Aber irgendjemand muss den Leuten doch sagen, dass der Kaiser keine Kleider anhat.“

„Des Kaisers Kinder“ - ein seltsamer Titel für einen Roman, der im prallen, gut betuchten New York spielt, wo Fantasien, Mythen und Legenden in vielen Tiefen – und Oberflächenschichten gewoben werden. Unter vermeintlich Intellektuellen, die sich kulturell für besonders kompetent und auf gar keinen Fall für „medioker“ halten, hat die amerikanische Autorin die Handlung angelegt. Eine Welt des Scheins und Seins, in der jeder der Protagonisten seinen Platz verteidigt oder erst suchen muss. Die einen scheitern kläglich, die anderen spült die bedeutungsschwangere Welle der Ereignisse um den 11. September 2001 ganz nach oben.

Marina Twaite, konturloses Abbild und Tochter des berühmten Journalisten Murray Twaite und Danielle Minkoff, Fernsehproduzentin, sind Freundinnen, um die 30 und ehemalige Absolventinnen einer Eliteuniversität. Sie unterhalten sich über Gott und die Welt und am liebsten über den australischen, leicht arroganten, wie zynischen Ludovic Seeley, künftiger Herausgeber einer kritischen Wochenzeitschrift. Er will der Kulturschikeria den Spiegel vorhalten und sie entlarven. Ludo hasst Marinas Vater, den etablierten Journalisten und Egomanen. Am Beginn der Geschichte sind Marina, Danielle und ihre gemeinsamer schwuler Freund, Julius Clarke auf der Suche nach der einmaligen Karriere, der erfüllenden Liebe, einem Leben wie aus dem Bilderbuch. Doch die attraktive Marina wohnt wieder bei ihren Eltern, Danielle sucht vergeblich nach relevanten Themen für einen Dokumentarfilm und Julius schreibt beachtliche Rezensionen für Zeitungen, kann davon aber sein Dasein in der City nicht bestreiten.

Claire Messud baut ihr übersichtliches Figurenensemble im März 2001 auf. Monat für Monat läuft die Geschichte auf den 11. September zu, dem Tag, der alles verändern wird.

Danielle trifft Ludo, den sie bereits bei Recherchen in Australien kennengelernt hat, im Metropolitan Museum wieder. Sie macht ihn mit Marina bekannt. Marina schreibt angeblich seit längerer Zeit an ihrem Buch über Kinderkleidung. Den Auftrag hatte sie erhalten, weil sie, dies schimmert durch, die Tochter von Murray Twaite ist. Das Projekt stockt. Ludos Bekanntschaft bringt Schwung in Marinas Leben, einer Frau, die etwas „Bedeutendes“ sein will und dabei nur so vor Dummheit strotzt.

Danielle beginnt eine sinnlose Liason mit Marinas charmantem Vater und Julius lernt einen golfspielenden Geschäftsmann kennen und zieht zu ihm ohne seine sexuellen Eskapaden zu unterbinden. Alle drei haben ihre Entscheidungen getroffen und sind mehr oder weniger glücklich. In diese Konstellation bricht nun der pummelige, Anfang 20-jährige Frederick Tubb, Bootie genannt, aus Watertown hinein. Er bewundert seinen Onkel Murray und schaut hinter die Fassade des so verehrten Meinungsmachers. Und auf einmal klafft da ein riesiges Loch zwischen dem öffentlich sich präsentierenden Murray und dem intellektuell so schmalbrüstigen Buchschreiber, der Bootie plötzlich so fremd ist und es ihm vorkommt 𠇪ls sehe er den Mann nackt“. Das neue Manuskript Murrays behandelt die Frage, wie man leben soll und kreist um die heiligen Werte – Wahrheit, Moral und Integrität. Murray, so der Heißsporn und Autodidakt Bootie, verkörpert nichts von dem, was er in seinem moralinsauren Text veröffentlichen will. Bootie schreibt nun seinen Artikel, um den Kaiser zu enttarnen und stößt, wie kann er anderes erwarten, auf Mauern der Ablehnung.

Claire Messud erzählt sprachgewaltig von unterschiedlichen Schicksalen. Sie wechselt die Perspektiven, arbeitet mit inneren Monologen, lässt ihre hohl wirkenden Protagonisten reflektieren, setzt die Ansichten der Figuren gegeneinander und decouvriert die klischeehaften und lächerlichen Rollenmuster in Attitüden und Dialogen. Messuds bildreiche Sprache verblüfft an vielen Stellen. Da agiert ein Mensch mit seiner angenehmen Art wie „ein goldener Faden im grauen Stoff des Alltags“, der Ärger bleibt im Hals stecken „wie ein Krümel in der Kehle“ und die Kakerlaken vermeint man in den Rohren tanzen zu hören.

Die Autorin schreibt unterhaltsam und doch distanziert sich der Leser von den differenziert dargestellten Protagonisten. Alle Figuren belügen sich selbst, legen Wert auf eine gewisse Form der Selbstinszenierung und scheuen sich nicht Verrat im Sinne der so hochgehalteten Wahrheit zu üben. Die Ereignisse des 11. Septembers verbandeln die Figuren menschlich wieder eng, doch die Geringschätzung der Wirklichkeit wird sich beängstigend verstärken.

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